Autor: Dr. Friedrich Stratmann (ehem. Geschäftsführer von HIS-HE)
Bürokratieabbau ist in aller Munde. Der aktuelle Koalitionsvertrag hat im Kontext einer beabsichtigten Staatsmodernisierung hierzu Vorschläge aus dem Zwischenbericht der „Initiative für einen handlungsfähigen Staat – Reformen für eine starke Demokratie“ aktiv aufgegriffen.
Auch die Wissenschaftseinrichtungen und Hochschulen sind aktiv geworden. Bereits im Februar d.J. hat die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina ein Diskussionspapier mit dem Titel „Mehr Freiheit – weniger Regulierung. Vorschläge für die Entbürokratisierung des Wissenschaftssystems“ vorgelegt. In dem Papier werden für fünf Handlungsfelder Vorschläge unterbreitet, bestehende Handlungsspielräume besser zu nutzen, Tendenzen der Freiheitseinschränkung entgegenzutreten, Berichts- und Kontrollpflichten zu reduzieren und den Wettbewerb, um Drittmittel neuzuordnen. Wenige Wochen später haben auch die Universitätskanzler:innen in einem eigenen Positionspapier sich mit dem Thema befasst. Sie setzen bei der Entbürokratisierung vor allem auf eine „Realisierungsoffensive für Verwaltungsvereinfachung in Universitäten“.
Anders als der erwähnte Zwischenbericht haben beide Positionspapiere bisher eher ein bescheidenes Echo in der Öffentlichkeit hervorgerufen. Das Leopoldina-Papier war der Zeitschrift „Forschung & Lehre“ immerhin eine Nachricht wert – auch soll ein Themenheft im Juni sich intensiv mit „Bürokratie“ befassen. Im Wiarda-Blog hat Stefan Kühl, Hochschullehrer an der Universität Bielefeld und Mitglied der Arbeitsgruppe des Leopoldina-Papiers, die ständige Konkurrenz um Fördermittel in der Wissenschaft als Bürokratisierungsfalle herausgestellt.
Gibt es Gründe für die geringe öffentliche Resonanz? Ich meine ja. Das Leopoldina-Papier ist mit 27 Seiten vergleichsweise lang und dabei tendenziell allgemein gehalten, es bietet wenig Anregung für ein aktives Tun. Hochschulehrer:innen, die den Text ganz oder in Teilen lesen, werden zwar sofort zustimmend nicken, es jedoch vermutlich auf ihrem Laptop abspeichern oder als Printversion im Regal ablegen. Das Positionspapier der Universitätskanzler: innen ist eindeutig konkreter, jedoch mit Vorschlägen der Verwaltungsvereinfachung stärker auf die Hochschulverwaltung fokussiert.
Allerdings weist das Positionspapier den richtigen Weg – es muss konkreter werden. Ein gelungenes Beispiel, auf das ich hier hinweisen möchte, ist das Projekt „Vereinfachen & Weglassen” an der Universität Kassel. Es wurde im Wintersemester 2022/2023 vom Kanzler der Hochschule, Herrn Dr. Fromm, als partizipatives Projekt initiiert. Wenn auch bereits 2023 beendet, bieten nicht zuletzt die dokumentierten Ergebnisse mit Beispielen sehr gutes Anschauungsmaterial für andere Hochschulen. Ein wichtiges Feld für Bürokratieabbau ist schließlich auch das Baumanagement in und für die Hochschulen. Hier sei deshalb auch noch einmal auf die aktuelle Veröffentlichung der Kolleginnen von HIS-HE zu „Schnellbauverfahren im Hochschulbau“ hingewiesen. Auf der Basis eines Vergleichs der Bundesländer werden hier Empfehlungen gegeben, wie bauliche Verfahren – angepasst an die jeweiligen landesspezifischen Gegebenheiten – schlanker, wirtschaftlicher und transparenter gestaltet werden können.
Abrunden möchte ich meinen Blogbeitrag zur aktuellen Debatte „Bürokratieabbau in Hochschulen und Wissenschaftseinrichtungen“ mit einem Hinweis auf einen eigenen Beitrag. Ich habe einen kurzen „Aktionsplan“ formuliert, wie man insbesondere als Hochschullehrer:in an seiner Hochschule aktiv die Debatte ermuntern kann.
Mein Fazit: Bürokratieabbau in der Hochschule muss konkret werden – nicht im Stil der „Kettensäge“, die nur notwendige Verwaltungsstrukturen zerstören will. Es sollte aber auch mehr als nur Vereinfachung und Beschleunigung von Verfahren sein und auch einige „lieb gewordene“, aber erstarrte Strukturen in Frage stellen.
.