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Studium und Lehre

Im Blickpunkt: Die Qualitätssicherung von Open Educational Resources

Von: Dr. Marc Göcks, Helga Bechmann, Dr. Klaus Wannemacher, Dr. Maren Lübcke

Der OER-Diskurs hat in Deutschland stark an Fahrt aufgenommen. Seit 2015 gab es ein Positionspapier einer Bund-Länder-Arbeits­gruppe der KMK und des BMBF, das Empfehlungen enthält, um das Innovationspotential von OER auch in Deutschland zu nutzen, einen Senatsbeschluss zu OER der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), in dem OER die Bedeutung eines Kulturwandels „im Hinblick auf das Teilen von Lehrmaterialien als auch in Bezug auf die Sichtbarkeit ihrer Lehre“ zugeschrieben wird, sowie die BMBF-Förderlinie OERinfo. In den Ländern wurden unterschiedliche OER-Initiativen gestartet, die erfreulicherweise bis heute wirken. Auch der Wissenschaftsrat bereitet zurzeit eine OER-Empfehlungspapier vor.

Dennoch haben OER für die Hochschullehre noch keinen vergleichbaren Stellenwert wie Open Access für die wissenschaftliche Publikationspraxis erlangt und daher bislang auch noch einen relativ geringen Verbreitungsgrad. Einer bundesweiten Erhebung unter Hochschulleitungen zur Digitalisierung der Hochschulen zufolge, die HIS-HE für die EFI durchführte, wurden OER 2019 nur an 18,9 Prozent der Hochschulen in Deutschland in sehr hohem oder hohem Maße eingesetzt (Gilch et al., 2019, S. 49). Dies ist nicht zuletzt auch darin begründet, dass nach wie vor Bedenken hinsichtlich des Aufwands der OER-Erstellung, Unsicherheiten bezüglich urheberrechtlicher Fragen und auch Vorbehalte gegenüber der offenen Bereitstellung eigener Lehrinhalte bestehen.

Aber vor allem der Aspekt der Qualität von OER wird gerade im Hochschulbereich als wichtige Voraussetzung für eine stärkere Verbreitung in der Lehre und regelmäßig auch als Argument für einen geringen Diffusionsstatus angeführt. Im OER-Kontext stellen sich daher vielfältige Fragen zur Qualitätssicherung wie: Welche Qualitätsdimensionen und Perspektiven lassen sich hier unterschieden? Wie müssen mögliche Qualitätskriterien ausgestaltet sein? Wie sieht es bei der Anwendung von Qualitätskriterien in der Praxis aus? Beschränkt sich die Qualitätssicherung von OER nur auf überfachliche Aspekte, oder ist sie auch auf Fachinhalte anwendbar?

Um diesen Fragen nachzugehen, entstand im Kontext des OER-Portals twillo, das seit 2019 vom Nds. Ministerium für Wissenschaft und Kultur (MWK) gefördert wird, die Idee zu einer Online-Veranstaltung „Chancen und Herausforderungen der Qualitätssicherung von OER“, die am 8. September 2021 als gemeinsames Angebot von Multimedia Kontor Hamburg und HIS-HE ausgerichtet worden ist. Partner der Veranstaltung, zu der sich 125 Interessierte angemeldet hatten, waren das Portal twillo und die Open Education Initiative HOOU aus Hamburg.

Eingeleitet wurde die Veranstaltung von zwei hochkarätigen Keynotes: Univ.-Doz. Dr. Martin Ebner (TU Graz) zeigte in seinem Impulsvortrag „OER an Hochschulen und ihre gesellschaftliche Bedeutung“, dass an österreichischen Hochschulen bereits eine breite Vernetzung von Aktivitäten zur Verankerung von OER angestrebt wird und OER kein Randthema, sondern eine gesamtgesell­schaftliche Entwicklung ist, der auf vielen Ebenen Rechnung zu tragen ist. Professor Olaf Zawacki-Richter (Universität Oldenburg) und Professorin Kerstin Mayrberger (Universität Hamburg) berichteten in ihrer gemeinsamen Keynote „OER-Qualität und die Bedeutung offener Bildungspraxis für die Hochschulbildung“ von einer internationalen Bestandsaufnahme von Instrumenten zur Qualitätssicherung von OER, die sie im Kontext des EduArc-Projekts auf dem „Weg zu einem deutschen Modell“ durchgeführt haben. Zudem sprachen sie von der Notwendigkeit, OER immer in Verbindung mit Open Educational Practices zu denken und zu verwenden, um einen zu engen Fokus auf Fragen der Medienproduktion, Lizensierung und Infrastruktur von OER als Bildungsmedien/-technologie zu überwinden.

Nach der Mittagspause folgte ein Praxisteil mit „Lightning Talks“, in denen die Ansätze der Qualitätssicherung von sechs OER-Landesinitiativen bzw. -Projekten vorgestellt wurden, darunter twillo, ORCA.nrw – Open Resources Campus NRW, HOOU – Hamburg Open Online University, vhb – Virtuelle Hochschule Bayern, ZOERR – Zentrales OER-Repositorium der Hochschulen in Baden-Württemberg sowie Universitätsverbund digiLL – digitales Lehren und Lernen in der Lehrer/-innenbildung. Die Beiträge veranschaulichten die erhebliche Bandbreite verschiedener Ansätze der Qualitätssicherung zwischen automatisierten Bewertungsverfahren, Self-Review- und Community-basierten Verfahren. Gemeinsam mit dem Auditorium wurde anschließend u. a. über die Akzeptanz von Verfahren der Community-Bewertung, Potenziale einer stärkeren Vernetzung bestehender Landesportale und Möglichkeiten einer dezentralen, hochschulseitigen Unterstützung der Qualitätssicherung von OER diskutiert, die auch von der KMK-Unterarbeitsgruppe zum Thema Qualität von OER im Dialog mit diversen Landesinitiativen aufgegriffen und weitergeführt wird.

Im Chat hoben zahlreiche Teilnehmer:innen die gelungene Zusammenstellung der Beiträge und die vielfältigen neuen Aspekte, die zur Sprache gekommen waren, hervor. Eine Veranstaltungsdokumentation samt Foliensätzen und Videomitschnitten ist auf der Veranstaltungs-Website des MMKH verfügbar.

Aufgrund der vielen weiteren spannenden Perspektiven, die nur angeschnitten werden konnten, und des großen Interesses ist eine Fortsetzung der Veranstaltung im nächsten Jahr durch die beiden Organisations-Einrichtungen schon in Planung.


Zu den Gastautor:innen:

Dr. Marc Göcks ist Geschäftsführer des Multimedia Kontor Hamburg.

Helga Bechmann leitet den Bereich Öffentlichkeitsarbeit und Veranstaltungen im MMKH.


Bildquelle: Victor Forgacs/Unsplash


Dr. Klaus Wannemacher
Dr. Maren Lübcke