Wie kann eine Energieversorgung, aufgrund der extrem angespannten Lage, an den Hochschulen und wissenschaftlichen Einrichtungen sichergestellt werden? Und welche Maßnahmen werden aktuell diskutiert? Mit diesen Fragen setzten sich 50 Teilnehmende, vorrangig aus dem Bereich Gebäudemanagement, in einem von HIS-HE organisierten virtuellen Fachaustausch auseinander.
Bereits Anfang Mai 2022 gab es dazu einen Austausch. Seitdem hat sich die Lage in Europa und somit auch in Deutschland weiterhin verschärft. Bundeswirtschaftsminister Habeck hat am 23.06.2022 die zweite von drei Eskalationsstufen des Notfallplans Gas ausgerufen. In der Alarmstufe gibt es keine von der Bundesnetzagentur verordneten Abschaltungen oder vergleichbare Markteingriffe. Diese sind erst in der Notfallstufe möglich. Alle Gasverbraucher sind aber angehalten, so viel Energie wie möglich einzusparen, um sicher durch den Herbst und Winter zu kommen.
In einer kurzen Umfrage unter den Teilnehmenden der Austauschrunde zeigte sich, dass 22% der beteiligten Einrichtungen eine Task Force „Energiekrise“ gebildet haben. Von den restlichen 78% der Befragten gaben jeweils die Hälfte an, dass entweder noch keine Task Force eingerichtet wurde oder sie dabei seien, eine Task Force zu planen. Es scheint, dass die Verschlechterung der Versorgungslage durchaus bekannt, aber noch nicht in der ganzen Tragweite bei allen Hochschulleitungen angekommen ist.
Im Gespräch wurde auch deutlich, dass in einer Task Force die Teilnahme eines Mitglieds der Hochschulleitung unabdingbar ist. Es werden und müssen dort weitreichende Entscheidungen für die gesamte Einrichtung getroffen werden, die von der Leitungsebene getragen werden müssen. Auch die Einbeziehung von Personalvertretungen wurde als sehr wichtig vermerkt. Ohne drastische Maßnahmen in der Energieeinsparung, was zwangsläufig auch mit Einschränkungen des Komforts für die Angehörigen der Einrichtung einher gehen wird, wird man der Situation im kommenden Herbst und Winter nicht begegnen können. Eine transparente Darstellung der Maßnahmen und eine Mitnahme aller sind damit unerlässlich.
Ein Themenpunkt war außerdem, wie der Austausch mit den jeweiligen örtlichen Energieversorgern erfolgt. Die Aussagen zu den zukünftigen Entwicklungen und zu möglichen Abschaltungen durch den Energieversorger wurden als wechselhaft und unbestimmt wahrgenommen. Es wurde die Meinung geteilt, dass man hier konkret Rückfragen an die Versorger stellen muss und sollte. Schlussendlich werden die Entscheidungen der Bundesnetzagentur ausschlaggebend für alle sein.
Durch die anhaltend steigenden Gas- und Strompreise bleibt die Frage, wer das bezahlen soll. Die zuständigen Ministerien signalisieren keine Möglichkeiten einer zusätzlichen Finanzierung der ausufernden Kosten. Auch die Weitergabe der Preise an Fördermittel- und Drittmittelgeber ist eher unwahrscheinlich. Bleiben nur die (begrenzten) Rücklagen und Eigenmittel der Hochschulen selbst.
Hinsichtlich aktueller (Notfall)Maßnahmen, die von den langfristigen Maßnahmen einer Effektivität und Effizienz zu unterscheiden sind, wurden von den Teilnehmenden folgende Ansätze angesprochen:
- Im Rahmen der Corona-Pandemie wurden vorhandene Umluftkühlgeräte außer Betrieb genommen. Diese werden auch weiterhin außer Betrieb gelassen, um den Energieverbrauch nicht zu steigern.
- Umgang mit Raumlufttechnischen Anlagen:
- Auslegung je nach Belegungsdichte
- Veränderung in der Organisation des Praktikumsbetriebes in den Laboren („Spitzen vermeiden“)
- Veränderung und Anpassung der jeweiligen Soll-Temperatur (z.B. auch in den Lesebereichen der Bibliothek – als große Verbraucher).
- Bei einer Absenkung der Soll-Temperaturen (Raumheizungen) könnten von den Nutzer:innen als individuelle Gegenmaßnahme zu der Komforteinbuße mobile Heizluftgeräte aufgestellt werden. Der Einsatz dieser Geräte widerspricht durch den Strommehrverbrauchs der Forderung Energie einzusparen. Eine eindeutige Position in Form eines Verbots dieser Geräte ist in Betracht zu ziehen.
- Bei einer Erhöhung der Soll-Temperaturen (bei Kühlung), z.B. im IT (Data Center) Bereich, spielt die Ausfallsicherheit der Systeme die zentrale Rolle.
- Viele Einrichtungen haben auch schon in den vergangenen Jahren über die Feiertage im Dezember und Januar, eine Winterruhe mit Schließung der Gebäude vorgenommen. Die Zeiträume der Winter- und somit Betriebsruhe auszuweiten, wird konkret diskutiert.
- Ob und welche Schließungen (von Teilbereichen, -gebäuden) zum Wintersemester durchgeführt werden, ist bei 42 % der teilnehmenden Einrichtungen aktuell im Gespräch. Bei über der Hälfte (58%) werden dazu noch keine konkreten Diskussionen geführt. Entscheidungen wurden noch an keiner Einrichtung gefällt. Dieses Ergebnis zeigte ebenfalls eine kurze Umfrage im Rahmen der Diskussion.
- Szenarien einer Abschaltung von Gas und der Schließung von Gebäuden sind verbunden mit Überlegungen zur Raumbelegung und möglicher Zusammenlegungen, d. h. einer Clusterung von Bereichen und Räumlichkeiten. Das ein Abschaltszenario einen hohen Organisationsaufwand bedeutet und auch einer Entscheidungsgewalt bedarf, darüber waren sich alle Beteiligten einig. Ebenfalls ist zu berücksichtigen, dass Forderungen nach Ausgleichszahlungen sicher nicht zu vermeiden sind, wenn Beschäftige aufgrund von veränderten Raumbelegungen und Schließungen angehalten werden, im Homeoffice zu arbeiten.
Dass Planungen und Entscheidungen aktuell schwierig sind, wird durch folgende Aussage bestätigt: „Man weiß nicht, was auf uns konkret zukommt. Die Gleichung hat viele Unbekannte – Wie viel Energie werden wir noch erhalten und Wie werden sich die Preise entwickeln?“
Aber jede Herausforderung kann auch eine Chance sein, wie ein Teilnehmer sagte. Durch die aktuell aus der Not getroffenen Maßnahmen können wir langfristig zur Verlangsamung des Klimawandels beitragen.
Es ist geplant, dass der Austausch zum Thema: Risikovorsorge Energie im Herbst fortgeführt wird. Über unsere Informationskanäle werden wir dazu einladen.
Bei Fragen wenden Sie sich gerne an Karin Binnewies (binnewies@his-he.de)
Bildquelle: Pixabay.com