Im Nürnberger Süden wird in naher Zukunft, im neuen Stadtquartier Lichtenreuth, die Technische Universität Nürnberg (TUN) entstehen. Diese hat zum Ziel, Forschung, Lehre und Transfer auf einem urbanen Campus zu verknüpfen und so eine Keimzelle für technologische und gesellschaftliche Innovationen zu bilden. In der TUN sollen Technik-, Natur-, Sozial- und Geisteswissenschaften inter- und transdisziplinär zusammenwirken. Dazu werden fünf Departments mit technisch-naturwissenschaftlichem Fächerspektrum und ein Department mit einem geistes- und sozialwissenschaftlichen Profil eingerichtet, deren WissenschaftlerInnen sich departmentübergreifend in Aktivitätsfeldern vernetzen. Die Ausbildung der Studierenden soll ebenfalls forschungsgeleitet und interdisziplinär erfolgen, wobei der digitalen Lehre eine besondere Rolle zukommt. HIS-HE hatte im Rahmen der Erstellung eines Funktionskonzepts für die TUN bereits fachlichen Input geleistet und steht der Strukturkommission auch weiterhin unterstützend zur Seite.
Am 22.09.2020 fand nun der Vorbereitungsworkshop zur Strukturplanung statt. Ich war eingeladen, an der Themengruppe „Digitaler Campus“ teilzunehmen und habe einen spannenden und inspirierenden Tag verbracht. Die Gruppe war interdisziplinär besetzt und befasste sich im weitesten Sinne mit den Anforderungen, die sich im Zusammenhang mit der digitalen Lehre an einer Hochschule ergeben (können). Inhaltlich war man sich schnell einig, dass digitale Lehre nicht bedeutet, dass es keine Studierenden mehr am Campus gibt, sondern dass, ganz im Gegenteil, dem Campus als Ort der Begegnung und des Austausches eine ganz besondere Rolle zukommt. Es wurde viel darüber gesprochen, wo und wie in Zukunft gelernt werden wird, ob in der Bibliothek, im Wohnheim oder auf der Grünfläche und man kam zu der Erkenntnis, dass für alle neuen Lernorte auch die individuell passenden Strukturen geschaffen werden müssen. Sei es infrastruktureller Art, wie z.B. flächendeckendes W-LAN und Steckdosen überall („auch im Außenbereich“), in Bezug auf die Versorgung („ein Getränkeautomat in der Bibliothek reicht nicht aus“) oder atmosphärisch („man muss sich in den Räumen wohlfühlen“). Auch der Einsatz technischer Assistenzsysteme wie z.B. Learning Analytics oder Assistenz-Roboter und die sich daraus ergebenden Anforderungen („Roboter können nicht auf jedem Bodenbelag fahren“) wurden intensiv diskutiert. Weitere abgeleitete Anforderungen waren die Einrichtung einer didaktischen Beratungsstelle für digitale Lehre oder die eines Assessment Centers für digitale Prüfungen. Die 2,5 Stunden Beratungszeit vergingen wie im Fluge und im Anschluss traf man sich im Plenum zur Präsentation der Ergebnisse aller Gruppen. Neben dem „Digitalen Campus“ gab es noch vier weitere Themengruppen: Der „Urbane Campus“ beschäftigte sich vor allem mit der Vernetzung der Hochschule innerhalb des Stadtquartiers. Die „Lebenswelt Campus“ setzte sich mit Themen wie Sportflächen, Kulturaustausch und Begegnungsräumen, aber auch Nahversorgung und Wohnen auseinander. Der „Mobile Campus“ plädierte für ein autofreies Areal und lobte die hervorragende Anbindung der künftigen Hochschule an den ÖPNV. Und der „Nachhaltige Campus“ verdeutlichte über das Ansprechen von Themen wie Wassermanagement, Biodiversität, CO²-Emissionen, Folgen des Klimawandels und die daraus abgeleitete Lage und Bauweise von Gebäuden, wie breit gefächert gerade auch dieses Thema ist. Insgesamt wurde deutlich, wie vielseitig und facettenreich eine Hochschule zu betrachten ist und wie umfangreich die bei einer Planung zu berücksichtigen Themen sind. Mein Resümee: Es hat Spaß gemacht, ich habe viel gelernt und gute Gespräche geführt und insbesondere bezüglich der breiten Themenauswahl und der intensiven Diskussionen fühlte ich mich an mein Geographie-Studium erinnert. Nun liegt es an den PlanerInnen, alle diese Erkenntnisse in einen gut abgestimmten Strukturplan zu gießen und ich freue mich schon auf das Ergebnis.
Bildquelle: Eigene Aufnahme.