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Nachhaltigkeit

Energieversorgung in der Krise

Möglichkeiten der Energieeinsparung im Spannungsfeld von Nutzung der vorhandenen Ressourcen, Nachhaltigkeit, Diversität und der Einhaltung von Richtlinien

Der aktuell sprunghafte Anstieg des allgemeinen Interesses an Möglichkeiten zur Energieeinsparung, als ein zentraler Teil von Nachhaltigkeit, müsste mich in meiner Arbeit eigentlich erfreuen. Eigentlich. Wäre damit nicht diese mehr als tragische Ursache eines Krieges in Europa verbunden.

Die Meldungen in der täglichen Berichterstattung zu Gasnotfallplan, Stromerzeugung, Versorgungssicherheit, Strombörsenpreisen und Energiekostenexplosion (was für ein Wort) werden zu einer neuen Lebensrealität, die uns alle weniger zuversichtlich in die Zukunft blicken lässt. Zu groß sind die Unwägbarkeiten, ob es in Zukunft z.B. genug Rohstoffe zur Raumbeheizung geben wird und vor allem, ob diese dann noch in einem bezahlbaren Rahmen liegen werden. Das dies alles vor dem Hintergrund eines Angriffskriegs in einem Land nur 1.000 km vor unserer Haustür geschieht, war vor etwas mehr als einem halben Jahr für viele Menschen noch unvorstellbar. Und doch ist es heute eine Realität, mit der es umzugehen gilt. Die Beschäftigung mit dem Thema Energieeinsparung auf einer ethisch-moralischen Ebene in Bezug auf den Angriffskrieg und dessen Auswirkungen möchte ich hier nicht vertiefen, auch wenn mich vieles persönlich dazu umtreibt.

Technische und organisatorische Lösungen zur Energieeinsparung bei Sanierung und Betrieb von Gebäuden und technischen Einrichtungen sind bereits hinreichend und lange in der Praxis bekannt. Insgesamt existiert eine Vielzahl umgesetzter Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz im Bestand, teilweise kurzfristig umsetzbar oftmals jedoch mit einem gewissen Planungsvorlauf und mehr oder weniger Investition verbunden. Klimaschutzprojekte werden bundes- und länderweit seit vielen Jahren finanziell gefördert. Man könnte also meinen, Deutschland ist hier, besonders im öffentlichen Bereich, auf einem guten Weg. Wenn so vieles bekannt ist und staatlich gefördert wird, müsste es doch ein leichtes sein, damit kurzfristig ins Handeln zu kommen!

Am 24.08.2022 gab es einen Kabinettsbeschluss zu weiteren Energiesparmaßnahmen:
Unter anderem sollen Büroflächen weniger beheizt werden und Gebäude, Denkmäler und Werbeflächen zu bestimmten Zeiten nicht mehr beleuchtet werden.
Was bedeutet das nun in Bezug auf Heizen in der Praxis?

Büros in öffentlichen Gebäuden sollen statt wie bisher empfohlen auf 20°C nur noch auf maximal 19°C beheizt werden.

Diese Empfehlung wird bei vielen Verantwortlichen in den Länderministerien und vor allem bei vielen Präsidien der Hochschulen für Erleichterung gesorgt haben. Stehen sie doch mit dem Treffen solch unpopulärer Entscheidungen dann nicht mehr selber in der Verantwortung und Auseinandersetzung mit den Nutzer:innen der Gebäude.

Auch aus der Sicht von Gebäudeverantwortlichen vermutlich eine begrüßenswerte Entscheidung, verspricht doch jedes Grad weniger Raumtemperatur ganz allgemein eine Einsparung von 5-6 % Heizenergie. (Diese pauschale Annahme soll der Einfachheit halber nicht weiter hinterfragt werden)
Eine wichtige Frage zu der technischen Umsetzbarkeit dieser Forderung ist vielmehr, wie bei dem aktuellen Gebäudebestand und der „zentralen Regelungsmöglichkeit“ der vielerorts doch „recht heterogenen Heizungslandschaft“ überhaupt eine Umsetzung in die Praxis aussehen kann, und vor allem, wer hat bisher die empfohlenen 20°C eingehalten oder überprüft? Und waren nicht selbst 20°C für die meisten Menschen schon „gefühlt“ zu kalt?

Um einen Eindruck über die möglichen Einspareffekte zu erhalten, möchte ich an dieser Stelle einmal die aktuellen jährlichen Wärmeverbräuche der gesamten Hochschulen eines „Muster-Bundeslandes“ mit der 19°C-Vorgabe, also einer angenommenen Energieeinsparung in Höhe von 5 % und dem Mehrverbrauch an Gas für die Stromerzeugung im Monat Juli 2022 miteinander vergleichen.

5 % Energieeinsparung bei der Raumheizung der öffentlichen Hochschulgebäude. Die Auswertung von entsprechenden Daten ergibt dafür einen eingesparten Energiewert des Bundeslandes von ca. 15.000 MWh Wärmeenergie. 15.000 MWh, das sind 15 Millionen kWh. Und das für die Annahme, dass alle Flächen Büroflächen wären.
Die jüngsten Meldungen aus dem Bereich der Stromproduktion in Deutschland lauten unter anderem, dass eine 13,5 % höhere Verstromung aus Gaskraftwerken im Juli 2022 im Vergleich zum Vorjahresmonat stattgefunden hat. Das bedeutet, dass etwa eine Terrawattstunde (TWh) mehr Gas zur Verstromung eingesetzt wurde (Quelle: Tagesschau vom 18.08.2022).
Eine Terrawattstunde sind 1.000.000.000 kWh, also 1.000 Mill. kWh. Nun kann die eingesparte Wärmeenergie nicht so einfach mit dem Gasverbrauch gleichgesetzt werden. Nehmen wir beispielhaft ein Gas- und Dampfkraftwerk mit einem Wirkungsgrad zur Stromerzeugung von 50 % an. Das bedeutet, aus 1 TWh Gas können 0,5 TWh Strom erzeugt werden. Der Rest steht leider nicht vollständig als Wärmeenergie zur Beheizung mit Fernwärme zur Verfügung, es ist mit einigen Verlusten aus Abgasen und Wärmeübertragung zu rechnen (Stichwort: Entropie). Nehmen wir im ungünstigen Fall 20 % Verluste an, so bleiben immer noch 0,3 TWh an Wärmeenergie. Das wäre dann das 20-fache an Wärmeenergie, die in unserem Bundesland durch die Reduktion der Raumtemperatur um 1°C in einem Jahr eingespart werden könnte. Würde man das „Musterland“ als Durchschnitt für alle 16 Bundesländer annehmen, so wäre allein der Mehrverbrauch an Gas durch die Stromproduktion im Monat Juli 2022 immer noch höher als die theoretische Einsparung an Wärmeenergie bei der Reduktion der Raumtemperatur an allen Hochschulen in Deutschland innerhalb eines Jahres. Das nur als ungefähre Vergleichsrechnung, um ein Gefühl für die Größenordnung zu bekommen.

Die Mehrerzeugung an Strom in Deutschland in den letzten drei Monaten (vor allem durch Gaskraftwerke!) ist übrigens begründet mit einer erhöhten Stromnachfrage innerhalb Europas durch Länder wie Frankreich. Dort ist die Hälfte der AKWs in Revision und die am Netz verbliebenen können aufgrund des Niedrigwassers in den Flüssen häufig nicht an ihrer Kapazitätsgrenze betrieben werden. Da schließt sich der Kreis mit dem Klimawandel, den vermehrten Forderungen aus der Politik die Atomkraft zu reaktivieren und dem Wunsch nach mehr Nachhaltigkeit. Und es zeigt sehr eindrücklich die Abhängigkeiten zwischen Hochtechnologie, den klimatischen Veränderungen und der offensichtlichen Hilflosigkeit, logisch adäquat damit umzugehen. Warum müssen unbedingt Gaskraftwerke, die aktuell an der Spitze der Preisbildung des Börsenstrompreises stehen und wo es eigentlich um das Einsparen von Gasverbrauch geht, diese Zusatzerzeugung übernehmen? Fragen, die in den Medien nur am Rand gestellt werden und auf die es aktuell aus der Politik wenig Antworten gibt.

Unlängst wurden auf einer unserer Veranstaltungen sogar 18°C als mögliche Raumtemperatur gefordert. Auf einen Schlag 10 % Energieeinsparung bei Wärme. Das wäre doch was!
Als Home-Office erprobter Energiesparer kann ich aus Erfahrung sagen: 19°C sind für mich persönlich hart an der Grenze. Selbst mit dickem Pullover, Mütze und Wolldecke ist das auf Dauer nicht angenehm. Das Problem sind dann die Hände, die auch durch die Tastaturarbeit nicht wärmer werden. Und für Frauen hätte die Reduzierung der Raumtemperatur aufgrund der Körperphysiognomie noch stärkere Auswirkungen auf Wohlbefinden und letztlich auch Gesundheit. Ich erinnere mich gut an die Diskussionen mit meiner Partnerin im letzten Winter zuhause über die einzustellende Raumtemperatur im Wohnzimmer.

Bleibt die Frage, wie hoch war die tatsächliche Raumtemperatur vor der Gaskrise in den Hochschulen (und auch im Home-Office) überhaupt und wie realistisch sind diese geforderten 19°C? Und hätte nicht eine Reduzierung von 22 auf 21 oder gar auf 20°C einen ähnlich hohen Einspareffekt? Kommt es nicht sowieso vielmehr auf die relative Einsparung an, als auf das Einhalten einer absoluten Temperatur? Individuell könnten sich die Bürotätigen ihrer persönlichen unteren Temperatur-Wohlfühlgrenze annähern.
Dabei möchte ich festhalten: Jede Möglichkeit zur Energieeinsparung ist wichtig und sollte auch im Rahmen der „Technischen Regeln für Arbeitsstätten“ (ASR) ausgereizt werden. Jedoch nicht auf Kosten der Gesundheit.
Vielleicht helfen am Ende ja auch Aufwärmtipps aus der Coronazeit à la Merkel: Kniebeugen und in die Hände klatschen.
Apropos klatschen: Auf die Frage an Friedrich Küppersbusch, was in dieser Woche besser wird als in der Letzten war seine Antwort: „Die Gasumlage kommt weg, dafür klatschen wir alle einmal die Woche auf dem Balkon für die Gasimporteure: Danke, Danke!“

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