Die strategische Entwicklung von Hochschulen für angewandte Wissenschaften (HAWs) stand im Mittelpunkt einer Tagung, zu der HIS-HE am 10. und 11. März nach Hannover eingeladen hat. Der Fokus der wiederkehrenden Veranstaltung, die sich der besonderen Entwicklungsdynamik von HAWs widmet, lag in diesem Jahr auf der Internationalisierung – angeregt durch die im Juni 2024 von Bund und Ländern verabschiedete Strategie für die Internationalisierung der Hochschulen. Entwickelt wurde diese Strategie in einem breit angelegten Stakeholderprozess, den HIS-HE gemeinsam mit Kienbaum Consultants International begleitet hat.
Bereits im Stakeholderprozess hatte sich gezeigt, wie wertvoll der Austausch zwischen Politik, Hochschulen und übergreifenden Einrichtungen sein kann. Die Tagung griff diese Dynamik auf und bot eine Plattform, um der Frage nach neuen Impulsen für die Internationalisierung gemeinsam nachzugehen – auch wenn bzw. gerade weil sich die bundes- und geopolitischen Rahmenbedingungen aktuell grundlegend verändern. Mit über 90 Teilnehmenden, darunter vor allem Vertreter:innen von Hochschulleitungen und Verantwortliche für die operative Gestaltung der Internationalisierung, ist die Resonanz besonders positiv ausgefallen. Dies ist nicht zuletzt den Beiträgen von insgesamt 17 Referent:innen zu verdanken, die spannende Einblicke in die Internationalisierung an ihren Hochschulen gewährt haben.
Das Tagungsprogramm orientierte sich an den Zielen und Handlungsfeldern der Bund-Länder-Strategie, um den politischen Rahmen mit der Praxis an den Hochschulen zu verknüpfen. Zum Auftakt präsentierten Peter Greisler (BMBF) und Dr. Susanne Reichrath (MFW Saarland) die Kerninhalte der Strategie. Dabei wurde deutlich, dass die HAWs in den letzten Jahren bereits beachtliche Fortschritte erzielt haben, aber auch weitere Entwicklungspotenziale bestehen. Das daran anschließende interaktive Austauschformat ermöglichte es den Teilnehmenden, die Ziele der Strategie mit den eigenen Hochschulrealitäten abzugleichen. In der darauffolgenden Podiumsdiskussion wurden Perspektiven für die Umsetzung der Strategie diskutiert. Neben den genannten Vertreter:innen von Bund und Ländern brachten Prof. Dr. Jörg Bagdahn und Prof. Dr. Frank Dellmann die Sicht der HAWs ein, während Dr. Sven Werkmeister (DAAD) und Prof. Dr. Ingeborg Schramm-Wölk (uni-assist) die Perspektive übergreifender Einrichtungen vertraten. Einig war sich das Podium hinsichtlich der Bedeutung von Internationalisierung für die Hochschulentwicklung. Die Bund-Länder-Strategie bietet hierfür eine wichtige Orientierung, auch wenn punktuell weitergehende Handlungsbedarfe bestehen – etwa bei der Internationalisierung von Transferaktivitäten oder der Vereinbarkeit internationaler Mobilität mit Nachhaltigkeitszielen. Zudem wurde deutlich, dass Herausforderungen teilweise hochschuleigene Lösungen erfordern, wie etwa die Internationalisierung der Verwaltung im Sinne einer Willkommenskultur – andere sollten dagegen verstärkt hochschul- und länderübergreifend angegangen werden, um Kompetenzen zu bündeln.
In vier Workshops wurden ausgewählte Aspekte der vier Handlungsfelder der Bund-Länder-Strategie anhand von Impulsvorträgen intensiver beleuchtet:
- Internationale Mobilität: Campus-Initiative zur Gewinnung internationaler Fachkräfte
- Rechtliche und strukturelle Rahmenbedingungen: Neue Modelle für Kurzzeitmobilität
- Internationale Zusammenarbeit: Strategische Partnerschaften ausbauen
- Digitale Transformation: Interoperabilität und Anerkennung in der Praxis
Abgerundet wurde das Tagungsprogramm durch Einblicke in die Internationalisierung einzelner Hochschulen. Die Vorträge von Prof. Dr. Tatiana Zimenkova und Prof. Dr. Jörg Petri (Hochschule Rhein-Waal) sowie Prof. Dr. Uwe Hettler (Hochschule Schmalkalden) beleuchteten insbesondere Herausforderungen bei der Integration internationaler Studierender. Die Beispiele der Hochschule Bielefeld (Prof. Dr. Ingeborg Schramm-Wölk) und der Frankfurt University of Applied Sciences (Prof. Dr. Susanne Rägle) zeigten wiederum, welche Möglichkeiten sich im Bereich der internationalen Zusammenarbeit durch internationale Studienangebote im In- und Ausland sowie im Rahmen einer europäischen Hochschulallianz bieten. Besonders deutlich wurde, dass das regionale Umfeld – mit seinen politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen – eine entscheidende Rolle für die Internationalisierung der Hochschulen spielt.
Ergänzend zur Tagungsdokumentation lassen sich einige zentrale Eindrücke zusammenfassen:
- Strategie als Kompass: Angesichts der jüngsten geopolitischen Entwicklungen kommt die Bund-Länder-Strategie genau zur richtigen Zeit. Sie gibt den Hochschulen nicht nur Rückhalt für bereits eingeschlagene Wege, sondern bietet auch Orientierung für die Zukunft, indem sie aufzeigt, welche vielschichtigen Ansatzpunkte die Internationalisierung der Hochschulen umfasst.
- Vielschichtige Handlungsbedarfe: Internationalisierung erfordert Engagement auf mehreren Ebenen – vom individuellen Engagement für interkulturellen Austausch im Sinne einer Willkommenskultur an den Hochschulen über den Ausbau von Strukturen zur Unterstützung der internationalen Zusammenarbeit bis hin zur Gestaltung günstiger Rahmenbedingungen auf kommunaler, Landes- und Bundesebene.
- Wagemut und Austausch: Neben politischer und finanzieller Unterstützung braucht es auch in Zukunft mutige Vorreiter:innen, die ihre Vorhaben auch unter widrigen Umständen vorantreiben, genauso wie den Austausch zwischen den Hochschulen, um die Internationalisierung erfolgreich weiterzuentwickeln.
Die positiven Rückmeldungen der Teilnehmenden spiegeln wider, dass die Tagung als Plattform für Austausch, neue Impulse und unterschiedliche Perspektiven geschätzt wurde. Besonders hervorgehoben wurden der gemischte Personenkreis, die unterschiedlichen Input- und Diskussionsformate sowie die Möglichkeit zu informellen Gesprächen. Dies zeigt, dass Internationalisierung nicht nur eine strategische Aufgabe ist, sondern auch vom direkten Dialog und der Vernetzung lebt.